Bei der Zahl der jährlichen Neuerkrankungen zeigt sich eine gegenläufige Tendenz bei den beiden Tumorarten: Das Oropharynxkarzinom hat sich als das am stärksten zunehmende Karzinom im Kopf-Hals-Bereich in Deutschland herausgebildet. Grund ist seine Verbindung mit HPV-16, einem der Hochrisiko-Typen der humanen Papillomaviren. Dagegen ist die Inzidenz des Hypopharynxkarzinoms stabil bis geringgradig rückläufig.
Experten sprechen bei HPV-bedingten Krebserkrankungen heute bereits von einer eigenen Tumorsubgruppe. Eine neue S3-Leitlinie zur Diagnostik und Therapie des Oro- und Hypopharynxkarzinoms, die von HNO-Ärztinnen und -Ärzten maßgeblich mitentwickelt wurde, bündelt das aktuelle Wissen und gibt Handlungsempfehlungen für die Diagnostik und Therapie der Erkrankung.
Gefahr durch Tabak- oder Nikotingenuss
Auch beim Blick auf die Risikofaktoren muss zwischen den Tumorarten unterschieden werden. Neben einer HPV-16-Infektion sind chronischer Tabak- oder Alkoholgenuss die Hauptrisikofaktoren für das Auftreten eines Oro- und Hypopharynxkarzinoms. Deutlich seltener können auch andere Faktoren eine Rolle spielen, beispielsweise Ernährungsgewohnheiten.
Für die Entstehung von HPV-assoziierten Oropharynxkarzinomen spielt fast ausschließlich das HPV-16-Virus eine Rolle. Die Infektion wird überwiegend durch Sexualverkehr übertragen. Die Leitlinie weist aber ausdrücklich darauf hin, dass die „klassischen“ Risikofaktoren Tabak- und Alkoholkonsum nach wie vor eine ausschlaggebende Rolle bei der Neubildung der Tumoren spielen. Männer und Frauen, die regelmäßig stark rauchen und größere Mengen Alkohol konsumieren, haben ein deutlich erhöhtes Krebsrisiko.
HPV-Impfung für Mädchen und Jungen
Um einer HPV-assoziierten Erkrankung vorzubeugen, empfiehlt die Ständige Impfkommission (STIKO) die Impfung gegen HPV für Mädchen und Jungen im Alter von 9 bis 14 Jahren. Die Impfung sollte idealerweise vor Aufnahme erster sexueller Kontakte durchgeführt werden, da nur ein vollständiger Impfschutz erreicht werden kann, wenn es vor der Impfung noch zu keiner längeren HPV-Infektion gekommen ist.
Besteht ein Verdacht auf einen Kopf-Hals-Tumor, ist eine schnelle Abklärung notwendig. In der Leitlinie wird zur fachärztlichen Untersuchung geraten, wenn die Patienten über vier Wochen eine der folgenden Beschwerden haben:
- Blutbeimengungen im Speichel,
- Heiserkeit,
- Schwierigkeiten beim Sprechen und Atmen,
- anhaltendes, speziell einseitiges Fremdkörpergefühl,
- ins Ohr ausstrahlende Schmerzen,
- unklares Bluthusten,
- Schluckstörungen und/oder Schmerzen beim Schlucken,
- Schwellung am Hals,
- Mundgeruch.
Zur Diagnose erfolgt eine endoskopische Untersuchung des Rachen- und Mundraums in einer HNO-Praxis oder -Klinik. Wird ein Tumor festgestellt, empfiehlt die Leitlinie eine interdisziplinär abgestimmte, individuelle Behandlung in einem Tumorzentrum. Diese kann neben chirurgischen Verfahren auch radioonkologische und chemotherapeutische Ansätze beinhalten. Eine klare Absage erteilt die Leitlinie einer HPV-Impfung nach einer erfolgten Tumortherapie, da sie in diesem Fall „wirkungslos und daher nicht sinnvoll“ sei.
Überlebenschancen unterschiedlich
Die Prognose für die erkrankten Patienten hängt von verschiedenen Faktoren ab, beispielsweise vom Entstehungsort, der Größe sowie weiteren Eigenschaften des Tumors. Auch der HPV-16-Status, die Ausbreitung in die Lymphgefäße sowie das Alter des Patienten ist relevant. Bei Oropharynxkarzinomen, die vom HPV-Virus ausgelöst worden sind, ist die Vorhersage meistens besser. Auch bei kleineren Mundrachenkarzinomen schlägt die Behandlung in der Regel gut an. Entscheidend für den Therapieerfolg sind eine frühzeitige Diagnose und ein schneller Behandlungsbeginn durch spezialisierte Tumorteams.