Wartezimmer-Blog

Haus- und Fachärzte am Limit

4 min
Plakatkampagne der KBV
KBV

Immer mehr niedergelassene Haus- und Facharztpraxen arbeiten nah am Limit. Auch die Patienten spüren dies zunehmend. Der demografische Wandel, der Fachkräftemangel, die Schieflage in der Finanzierung sowie Hürden in der Digitalisierung sind nur einige Gründe.

Vielen Patientinnen und Patienten ist in den letzten Wochen sicherlich die Kampagne der niedergelassenen Ärzteschaft „Wir sind für Sie nah“ aufgefallen. Damit wollen die Kassenärztinnen und -ärzte auf die teils desaströse Situation in der ambulanten Versorgung aufmerksam machen und gleichzeitig Lösungsvorschläge präsentieren.

Leichter Zugang zu Fachärzten ungewöhnlich

Grundsätzlich ist das deutsche Versorgungssystem mit nahezu unreglementiertem Zugang zu niedergelassenen Haus- und Fachärzten weltweit einzigartig. In vielen Ländern ist der Facharztbesuch nur mit Überweisung durch den Hausarzt möglich. Teilweise sind Fachärzte nur an Kliniken tätig, nicht aber in der ambulanten Versorgung. Die freie Arztwahl ist auch nicht überall selbstverständlich. Dies ist in Deutschland anders, hat viele Jahrzehnte hervorragend funktioniert und dem deutschen Gesundheitssystem den Ruf eingebracht, das beste der Welt zu sein – wenn auch eines der teuersten. Was ist passiert, dass es nun nicht mehr so reibungslos funktioniert?

Durch den demografischen Wandel ist sowohl das Durchschnittsalter der Patienten als auch das der Ärzte gestiegen. Bei älteren Patienten ist der Versorgungsbedarf in der Regel höher. Gleichzeitig sind mittlerweile 37 Prozent der Hausärztinnen und -ärzte über 60 Jahre alt. Viele gehen in den nächsten Jahren in den Ruhestand und finden – insbesondere im ländlichen Bereich – keinen Nachfolger mehr. Ferner fehlen durch die demografische Entwicklung schon heute viele Fachkräfte, so auch Medizinische Fachangestellte (MFA), die die Praxis am Laufen halten. Bürokratische Vorgaben und nicht ausgereifte Digitalisierungsmaßnahmen erschweren die Arbeit in den Praxen zusätzlich. Durch die hohe Belastung fühlen sich viele Ärzte und MFA ausgebrannt und arbeiten täglich am Limit.

Arbeit in der Praxis muss attraktiv bleiben

Damit das Gründen oder Übernehmen von Praxen attraktiv bleibt und auch der Beruf der/des Medizinischen Fachangestellten wieder erstrebenswert wird, haben die Kassenärzte einen Forderungskatalog aufgestellt, um die drängendsten Probleme zu lösen. Ziel ist es, auch in Zukunft noch nah für die Patienten da sein zu können. Dies soll unter anderem erreicht werden durch

  • eine tragfähige Finanzierung der Praxen, die die allgemeine Teuerung (Personal, Mieten, Energie etc.) berücksichtigt,
  • mehr ambulante statt stationäre Eingriffe,
  • mehr Zeit für Patienten durch Bürokratieabbau,
  • voll ausgereifte und getestete Technik und Software bei der Einführung neuer digitaler Maßnahmen in der Praxis.

Die schwierige Lage in den Praxen trifft HNO-Ärztinnen und -Ärzte ganz besonders, da ein Großteil von ihnen im niedergelassenen Bereich arbeitet und sich wünscht, auch künftig noch vor Ort für die Patientinnen und Patienten da sein zu können. Denn wohnortnahe Versorgung, gegenseitige Wertschätzung und Vertrauen steigert nicht nur für Patienten die Lebens- und Gesundheitsqualität.