Der Rückfluss von Magensäure in die Speiseröhre (Reflux) ist vielen Patientinnen und Patienten bekannt, denn er führt häufig zu klassischem Sodbrennen. Dieses macht sich deutlich durch schmerzhaftes Brennen in der Brust bemerkbar und ist leicht diagnostizierbar. Ganz anders gelagert ist die Situation beim stillen Reflux:
Im Gegensatz zum klassischen Reflux, der flüssig ist und vorrangig die Speiseröhre angreift, tritt der stille Reflux oft in einer als gasförmig wahrgenommenen Form auf. Tatsächlich handelt es sich um ein feines Aerosol, also eine Vermengung von kleinsten Säurepartikeln und Magenenzymen (Pepsine) mit Luft. Die winzigen Tröpfchen steigen durch die Speiseröhre auf und erreichen den Rachen sowie die Atemwege. Dabei reizen sie die empfindlichen Schleimhäute im Nasen- und Rachen-Bereich.
Odyssee für Patienten
Bevor die Diagnose gestellt wird, vergehen oft Jahre, in denen die Patienten leiden und einen wahren Arzt-Marathon und eine Diagnose-Odyssee durchlaufen. Denn leider sind die Symptome des stillen Refluxes unspezifisch und es werden oftmals andere Ursachen hinter den Beschwerden vermutet. So kommt es, dass viele Betroffene mit einem originär gastroenterologischen Problem in der HNO-Praxis landen.
Die Bandbreite der Symptome ist groß und dem Fachgebiet der HNO-Heilkunde zuzuordnen:
- chronischer Husten
- Rachenentzündung
- Heiserkeit
- Kloßgefühl im Hals
- Räusperzwang
- Asthma und Atemprobleme
- wiederkehrende Halsschmerzen
- Schluckbeschwerden
- vermehrte Schleimbildung im Rachen
- chronische Nasennebenhöhlenentzündung
Zusammenhang mit Schlafapnoe?
In der medizinischen Forschung gibt es Hinweise darauf, dass Refluxerkrankungen in Zusammenhang mit dem obstruktiven Schlafapnoesyndrom (OSAS) stehen könnten. Die Studienlage ist allerdings uneinheitlich. Eine Theorie besagt, dass der negative Druck im Brustkorb, der während eines Apnoe-Ereignisses entsteht, einen Refluxvorgang auslösen könnte. Der hohe Druck könnte dazu führen, dass Magensäure in die Speiseröhre und darüber hinaus aufsteigt und dadurch die Symptome der Refluxerkrankung verstärkt.
Einer anderen Hypothese zufolge könnte der durch den Reflux hervorgerufene Reiz eine Reaktion auslösen, die zu einer Verengung der Atemwege führt, um das Einatmen von Magensäure zu verhindern. Dieser Reflex könnte wiederum eine Apnoe verursachen.
Diagnostik: Endoskopie und pH-Metrie
Die Diagnose des stillen Refluxes umfasst die endoskopische Untersuchung des Halses und Kehlkopfbereiches und gegebenenfalls eine Spiegelung der Speiseröhre oder des Magens. Ferner kann eine Säuremessung im Nasenrachenraum, die pH-Metrie, durchgeführt werden. Dabei wird eine kleine Sonde durch die Nase in den Rachen eingeführt. Diese misst 24 Stunden lang den Säurewert und gibt so Hinweise, ob Gase aus dem Magen aufsteigen und ob ein unbemerkter Reflux vorliegt, der in einer endoskopischen Untersuchung nicht zu erkennen war.
Ein stiller Reflux wird medikamentös wie Sodbrennen behandelt – nämlich mit sogenannten Protonenpumpenhemmern wie Pantoprazol oder Omeprazol. Sie sorgen für eine Reduzierung der Magensäureproduktion. Bei gelegentlichen Beschwerden können auch sogenannte Antazida eingesetzt werden, die die Säure des Magensaftes neutralisieren.
Ernährungsumstellung wichtig
Betroffene werden ferner angehalten, ihre Ernährung anzupassen und weitgehend auf Fast Food, scharfe und fetthaltige Speisen sowie zu späte Mahlzeiten zu verzichten. Hilfreich ist es zudem, jeden Bissen gut zu kauen und zum Essen möglichst wenig zu trinken. Stärkehaltige Nahrungsmittel wie Weißbrot, Kartoffeln oder Bananen binden den Überschuss an Magensäure. Stilles Wasser, Salbeitee oder Milch helfen, die aufgestoßene Magensäure zu neutralisieren. Ein No-Go sind kohlensäurehaltige Getränke, Kaffee, Zitrusfrüchte, Scharfes, Fettiges und Frittiertes, denn diese Lebensmittel stehen im dringenden Verdacht, Reflux oder Sodbrennen auszulösen bzw. zu verschlimmern.
Reflux-Patienten sollten idealerweise mit leicht erhöhtem Oberkörper und möglichst auf der linken Seite schlafen. Denn nur bei einer linksseitigen Schlafposition liegt der Magen niedriger als die Speiseröhre und die Schwerkraft erschwert den Rückfluss.