Kinder

HNO-Kinderchirurgie steht vor dem Kollaps

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Kleiner Junge sitzt mit Kuscheltier in einem Krankenhausbett
Family Veldman / Adobe Stock

Unterfinanzierung, wirtschaftliche Fehlanreize und nun die Krankenhausreform – diese gefährliche Mischung bedroht die Versorgung von Kindern massiv. Der HNO-Berufsverband hat jetzt mit einem Brandbrief an Politik, Krankenkassen und Verbände reagiert.

Schon seit längerem müssen Kinder monatelang leiden, weil kein Termin für eine Mandel- oder Mittelohr-Operation frei ist. Die Folgen: Sprachentwicklungsstörungen, Beeinträchtigung von Atmung und Schlaf sowie eine Verzögerung der kindlichen Entwicklung allgemein. Die Belastung der betroffenen Familien ist enorm.

Krankenhausreform verschärft die Lage

Ein Grund ist die schlechte Bezahlung von HNO-Kinder-OPs. Sie sind für die Operateure nicht kostendeckend. Die Krankenhausreform wirkt als Brandbeschleuniger. Allein in Nordrhein-Westfalen steht die Schließung von 31 HNO-Belegabteilungen bevor, wodurch jährlich rund 4.000 dringend notwendige Eingriffe wegfallen. Die fehlenden Kapazitäten können unter den derzeitigen Bedingungen weder durch ambulante OP-Zentren noch durch die stationäre Klinikaufnahme mit Übernachtung durch die verbliebenen Abteilungen aufgefangen werden. Es wird unweigerlich zu einer nochmals deutlichen Steigerung der Wartezeiten auf einen OP-Termin kommen. In Rheinland-Pfalz, Niedersachsen, Bayern und Baden-Württemberg drohen ähnliche Szenarien.

Ferner kündigen viele Krankenhausleitungen OP-Kapazitäten für ambulante HNO-ärztliche Eingriffe. Auch hier spielt die vergleichsweise schlechte Erlössituation eine große Rolle. Gleichzeitig ist der Aufwand für die Kliniken ähnlich hoch wie bei höherbewerteten Eingriffen anderer Fachrichtungen. Statt das relativ hohe Risiko einer Operation an den kindlichen Atemwegen auf sich zu nehmen, ziehen die Krankenhäuser besser vergütete und risikoärmere Knie- oder Wirbelsäulen-Operationen vor.

Stationäre OPs deutlich teurer

Fehlen ambulante OP-Termine, kommt es zu einer vermehrten stationären Aufnahme der Kinder. Dies kostet die Krankenkassen rund fünfmal so viel wie im ambulanten Setting. Zudem müssen mehr Kinder mit Hörgeräten und logopädischen Behandlungen versorgt werden, wenn notwendige OPs nicht rechtzeitig durchgeführt werden können. Angesichts der angespannten finanziellen Lage der gesetzlichen Krankenversicherung hält der HNO-Berufsverband die Vernachlässigung ambulanter OP-Strukturen für unverantwortlich.

Eine mögliche Lösung, um die Kinder-OPs aufzuwerten, wäre eine Überführung der Mandel- und Mittelohroperationen in den Katalog der sogenannten Hybrid-DRG. Dabei handelt es sich um sektorenunabhängige Fallpauschalen (also die Vergütung von Leistungen pro Behandlungsfall), deren Höhe nicht davon abhängt, ob die Versorgung ambulant oder stationär erbracht wird.

Den Brandbrief der HNO-Ärzte finden Sie hier